In der Advents- und Weihnachtszeit sind Präsenz und Botschaft der Kirche erst recht gefordert. Ein klassischer Gottesdienst ist unter den Bedingungen der Pandemie nicht möglich. Deshalb begrüssen wir Sie von 10 Uhr bis 12 Uhr zur «Offenen Kirche». In dieser Handreichung finden Sie eine Anleitung zur persönlichen Andacht, Gebete und Meditationen mit Informationen zum Sonn- und Feiertag. In der offenen Kirche erklingt zur ganzen und halben Stunde Musik. Zum Christfest erklingen Weihnachtslieder. Rainer Walker musiziert an der Orgel und Lina Walker an der Violine. Sie können am Fürbittetisch eine Kerze für Ihre Lieben anzünden, Ihre Anliegen ins Fürbittebuch schreiben oder einfach die gemeinsame Stille im Raum geniessen, die Krippe und den Weihnachtsbaum betrachten. Im Chor haben wir eine angenehme Sitzgelegenheit eingerichtet. Dort sind wir Seelsorgenden für ein persönliches Gespräch und Gebete bereit. Je nach Bedürfnis laden wir zu einem Abendmahl im Kleinen Kreis am Abendmahlstisch ein. Dieses feiern wir mehrfach und jeweils für ein bis zwei Haushalte. Wir bitten Sie, Ihre Atemschutzmaske bis unmittelbar vor der Kommunion von Brot und Wein zu tragen.
Das Format spielt Ihnen den Ball zu, was Sie in der Kirche machen möchten und was lieber zu Hause oder gar nicht. Sie sind frei, jederzeit zu kommen und zu gehen und solange zu bleiben, wie es Ihnen guttut. Um zwölf Uhr schliessen wir die Offene Kirche mit dem Mittagsgebet aus der benediktinischen Tradition ab.
Christfest
Am heutigen ersten Weihnachtstag feiern wir die Geburt des Erlösers Jesus Christus. «Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.»
Lesung
Im Anfang war das Wort, der Logos, und der Logos war bei Gott, und von Gottes Wesen war der Logos. Dieser war im Anfang bei Gott. Alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn ist auch nicht eines geworden, das geworden ist. In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Es trat ein Mensch auf, von Gott gesandt, sein Name war Johannes. Dieser kam zum Zeugnis, um Zeugnis abzulegen von dem Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kämen. Nicht er war das Licht, sondern Zeugnis sollte er ablegen von dem Licht.
Er war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der zur Welt kommt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, und die Welt hat ihn nicht erkannt. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Die ihn aber aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus Blut, nicht aus dem Wollen des Fleisches und nicht aus dem Wollen des Mannes, sondern aus Gott gezeugt sind.
Und das Wort, der Logos, wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, wie sie ein Einziggeborener vom Vater hat, voller Gnade und Wahrheit. (Joh 1,1-14)
Psalmgebet
Singt dem HERRN ein neues Lied, singt dem HERRN, alle Länder.
Singt dem HERRN, preist seinen Namen, verkündet seine Hilfe von Tag zu Tag.
Tut kund seine Herrlichkeit unter den Nationen, unter allen Völkern seine Wunder.
Denn gross ist der HERR und hoch zu loben, furchterregend ist er über allen Göttern.
Denn alle Götter der Völker sind Nichtse, der HERR aber hat den Himmel gemacht.
Hoheit und Pracht sind vor ihm, Macht und Glanz in seinem Heiligtum.
Gebt dem HERRN, ihr Sippen der Völker, gebt dem HERRN Ehre und Macht.
Gebt dem HERRN die Ehre seines Namens, bringt Gaben und kommt in seine Vorhöfe.
Werft euch nieder vor dem HERRN in heiliger Pracht, zittert vor ihm, alle Länder.
Sprecht unter den Nationen: Der HERR ist König.
Fest steht der Erdkreis, er wankt nicht. Gerechtes Urteil spricht er den Völkern.
Der Himmel freue sich, und es jauchze die Erde, es brause das Meer und was es erfüllt.
Es frohlocke das Feld und alles, was es trägt; jubeln sollen alle Bäume des Waldes
vor dem HERRN, denn er kommt, denn er kommt, die Erde zu richten;
er richtet den Erdkreis in Gerechtigkeit und die Völker in seiner Treue. (Ps 96)
Gedanken zur Meditation
Bei Ochs und Esel zu Hause
An der Krippe mit dem neugeborenen Jesuskind kniet Maria, hinter ihr steht Josef und eilen Hirten und später die drei Könige hinzu. Auf dem Dach singen himmlische Heerscharen von Engeln die frohe Botschaft dieser Geburt in die dunkle Nacht hinaus: „Ehre sei Gott in den Höhen und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens!“ Nicht vergessen wollen wir, dass auch ein Ochs und ein Esel dazu gehören. Der kritische Verstand vermutet, dass sie schon im Stall waren, als die junge Familie mit der hochschwangeren Frau hier Zuflucht auf der beschwerlichen Reise fand. Im Evangelium werden Ochs und Esel gar nicht erwähnt. Sie verdanken ihre Rolle aber dem alttestamentlichen Propheten Jesaja. Er kritisierte das Gottesvolk für dessen faktischen Atheismus hinter religiöser Fassade. „Wenn ihr eure Hände zum Gebet ausbreitet, verhülle ich meine Augen vor euch. Eure Hände sind voll Blut. Lernt Gutes zu tun! Verschafft den Waisen Recht, streitet für die Witwen!“ Im Unterschied zu dem kritisierten Volk wüssten Ochs und Esel, wo ihre Krippe stehe und wer ihr Besitzer sei. An der Krippe Jesu mahnen sie die religiös gestimmten Betrachter, sich nichts vorzumachen: ein Volk, das sich nicht um seine schwachen Glieder kümmert, hat Gott verlassen. Es zerstört seine Lebensgrundlagen und verliert seine Daseinsberechtigung. Darüber täuschen weder schön geschmückte Weihnachtsbäume noch mit Glamour gefüllte Strassen und Fernsehprogramme hinweg. Am wenigsten hilft darüber das Geschäft hinweg. Die Botschaft unseres Erlösers lautet: Ihr seid nicht nur als Konsumenten wertvoll. Nicht nur als junge Helden ohne Vorerkrankungen. Der Erlöser wurde in den Stall von Ochs und Esel hineingeboren als lebendige Botschaft und prophetische Mahnung Gottes an uns. Es hilft auch nicht, die Geschichte wörtlich zu verstehen. Denn wörtlich kommen weder Ochs noch Esel in der Weihnachtsgeschichte des Neuen Testaments vor. Die Botschaft hört nur, wer sich auf die Sprache der Religion einlässt und so ihre Rede als an ihn selbst gerichtete Offenbarung vernimmt. So geht es auch dem sinnlosen Streit, ob die Jungfrau Maria biologisch jungfräulich gewesen sei. Dass Gott seinen Retter aber ohne (trieb-)starke Männer unter die Menschen brachte, tut uns gerade am Ende des Jahres 2020 mit seinem ins Abseits gebrachten politischen Testosteron symbolisch gut. Frieden auf Erden!
Pfr. Roland Diethelm
Fürbitten
Ewiges Wort, menschgeworden, du sprichst zu uns in den Menschen, die uns begegnen, die uns nach dir fragen oder nichts von dir wissen wollen. Du hast dich allen geschenkt.
Wir danken dir, dass du uns in Jesus offenbart hast, was wirklich ein Mensch ist.
Öffne uns, dass wir dich hören, wo immer unsere Menschlichkeit gefordert ist.
Wir bitten: Kyrie eleison.
Öffne uns, dass wir dich hören in unserem Inneren, die Stimme der Sehnsucht,
die wir so oft übertönen und die unaufhörlich nach dir ruft.
Wir bitten: Kyrie eleison.
Öffne uns, dass wir dich hören in den Stimmen derer,
die uns nicht verstehen wollen und uns missachten,
die uns schaden wollen und uns feind sind.
Wir bitten: Kyrie eleison.
Öffne uns, dass wir dich hören im Schweigen der Einsamen und der Verbitterten,
der Sprachlosen, im Verstummen derer, die keine Hoffnung mehr haben.
Wir bitten: Kyrie eleison.
Öffne uns, dass wir dich hören, wo man dich nicht hören will,
wo Menschen auf andere herabsehen, sie verachten und verfolgen,
wo Menschen einander zum Schrecken werden.
Wir bitten: Kyrie eleison.
Öffne uns, dass wir dich hören, wo du uns unverständlich bleibst,
im Andersdenkenden, im politischen Gegner, im Fremden,
dort, wo Begegnungen unseren Vorstellungen zuwiderlaufen.
Wir bitten: Kyrie eleison.
Ewiges Wort, du sprichst zu uns unaufhörlich, du rufst uns zum Menschsein,
willst in uns Mensch werden, geboren zum Heil.
Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Segen
Gott lasse dich ein gesegnetes Weihnachtsfest erleben.
Gott schenke dir Ruhe, damit du dich auf Weihnachten und die frohe Botschaft einlassen kannst.
Gott nehme dir Sorgen und Angst und schenke dir neue Hoffnung.
Gott bereite dir den Raum, den du brauchst und an dem du so sein kannst, wie du bist.
Gott schenke dir die Fähigkeit zum Staunen über das Wunder der Geburt im Stall von Bethlehem.
Gott mache heil, was du zerbrochen hast und führe dich zur Versöhnung.
Gott gebe dir Entschlossenheit, Phantasie und Mut, damit du auch anderen Weihnachten bereiten kannst.
Gott bleibe bei dir mit dem Licht der Heiligen Nacht, wenn dunkle Tage kommen.
Gott segne dich und schenke dir seinen Frieden.