Das Christentum kam in der Spätantike und im Frühmittelalter von Westen und Süden her über Mailand, Lyon, Genf und das Königreich Burgund mit Händlern, Soldaten und Zuwanderern in den Oberaargau. Um 1200 errichteten Zähringer und die Benediktinerabtei Trub hier an der Aarefurt ein Priorat („Propstei“) mit einem Mönchskonvent und einer grossen Klosterkirche im romanischen Stil. Später befestigten die Kyburger das Städtli und die Kirche wurde zusätzlich Pfarrkirche. Durch Kriege und Misswirtschaft geschwächt kamen Stadt und Stift 1407 an die Stadt Bern. Mit der Reformation wurde die Propstei 1528 zum Pfarrhaus und die Kirche mehrfach rück- und umgebaut. Ihre heutige Gestalt mit Kirchensaal in klassizistischem Stil und Glockenturm am Westeingang erhielt sie im Wesentlichen durch den Umbau von 1824 bis 1826. Die Stadt war Hauptort des Amtsbezirks, heute des Verwaltungskreises Oberaargau, und ist bis heute Sitz des Statthalters und Garnisonsstadt der Schweizer Armee mit dem Waffenplatz der Rettungstruppen und Motorfahrer. Vom Anspruch auf regionale und überregionale Ausstrahlung zeugt auch die 1982 erbaute Orgel der Firma Mathis. Wangen an der Aare liegt malerisch am Fuss des Jura und mitten in einem Naherholungsgebiet am gestauten Aarelauf.
Der Museumsverein Wangen an der Aare kümmert sich um die Pflege des kulturellen Gedächtnisses und betreibt das Städtlimuseum. Das Städtlimuseum erzählt anhand ausgewählter Exponate 16 Geschichten des Aarestädtchens Wangen mit seiner historischen Brücke, dem Salzhaus, der Festungsstadt und ihrem Schloss sowie der Münzprägestatt. Dort finden Sie wertvolle Hinweise auf Ausstellungen und kulturelle Anlässe.
Der Oberaargau ist durch seine geographische Lage und geologische Beschaffenheit seit je Durchgangsgebiet. Eine Besiedelung der fruchtbaren Sonnenterrassen am Jurasüdfuss und der verkehrsgünstigen Aare-Ufer ist schon in der Steinzeit belegt. Funde von Resten römischer Villen (Gutshöfe) weisen auf eine bescheidene landwirtschaftliche Nutzung um die Zeitenwende hin. Die nächste grössere befestigte Stadt war das römische Oppidum Solothurn. Von dort aus führten verschiedene römische Strassen nach Osten und Südosten durch den Oberaargau. (??) Die eine grosse Römerstrasse führte von Genf aus über Avenches und Solothurn durch das Bipper Amt und von da durch die Klus nach Basel (Augusta Rauricum) und nach Belgien, mit einer östlichen Abzweigung bei Oensingen über Olten und Windisch (Vindonissa) bis an den Bodensee und darüber hinaus an den germanischen Limes. Die andere Römerstrasse zog sich von Bern über Burgdorf-Herzogenbuchsee-Bleienbach-Langenthal nach Zofingen. Dazu kamen verschiedene Verbindungsstrassen zwischen diesen Achsen. An diesen Heerstrassen entstanden Ansiedlungen. Funde von Münzen, Bauten und Gebrauchsgegenständen aus dieser Zeit gibt es am Galgenrain und auf Hohfuren in Wangen sowie in Wangenried. In römischer Zeit siedelten Helvetier, es kamen neben den römischen Kolonisten aus dem Osten später Alamannen und Burgunder hinzu. Der Dorfnamen Walliswil (Hinweis auf «welsche» Leute, also romanisch-sprachige Besiedelung vor der alemannischen) weist auf eine alamannische Gründung im siebten oder achten Jahrhundert hin. Die Anfänge des Christentums liegen im Dunkeln, es dürfte jedoch seit dem 3. und 4. Jahrhundert von Westen und Süden her über Lyon, Genf und das Königreich Burgund sowie Mailand und Chur mit Händlern, Soldaten und Zuwanderern mitgebracht worden sein und im Laufe der Spätantike und des Frühmittelalters die vormalige keltische und germanische Religion langsam verdrängt haben. Im Unterschied zu manch anderen Standorten christlicher Gotteshäuser ist in Wangen kein paganes Heiligtum aus keltischer oder römischer Zeit als Vorgängerbaute auszumachen.
Im Hoch- und Spät-Mittelalter gehörte der Oberaargau zum Bistum Konstanz. Das Bistum umfasste ursprünglich die Siedlungsgebiete der Schwaben, gehörte zur Kirchenprovinz des Erzbistums Mainz und war das flächenmässig grösste Bistum des hl. römischen Reiches. Die Zugehörigkeit zu Konstanz ersieht man noch am Bautypus der Kirche mit den bistumstypischen rechteckigen Altarräumen ohne halbrunde Absiden, deren Vorbild die Konstanzer Bischofskirche selbst bildete. Dieser Bautypus bildet mit dem Kloster Trub, dem Frauenkloster Rüegsau, der ersten Klosterkirche von Engelberg und der Klosterkirche von Grindelwald eine architekturgeschichtliche Familie.
In der mittelalterlichen Kirchenorganisation gehörte eine Kirche immer einem Patronatsherrn. Der Patronatsherr wählte die Seelsorger und alimentierte sie mit der Stiftung von landwirtschaftlichen Gütern, die der Kirche zehntenpflichtig waren, sowie anderen Rechten wie Brückenzöllen. Das Patronat der Kirche von Wangen hatte das Benediktiner-Kloster Trub im hinteren Emmental. Dieses Kloster wiederum ist eine Tochtergründung des Schwarzwaldklosters St. Blasien. St. Blasien bildete das Zentrum einer Reformbewegung des Benediktinerordens im oberdeutschen Raum, ähnlich wie zuvor Cluny und Cîteaux aus dem Burgund. St. Blasien stand in enger Verbindung zu den Zähringern, der dominierenden weltlichen Macht im Aareraum bis 1218. Das Kloster Trub löste sich wenige Jahre nach der Gründung vom Mutterkloster St. Blasien und wurde eine selbständige Abtei, blieb aber in engem Austausch mit dem Mutterhaus.
Wahrscheinlich entsprang die Stiftung des Priorates und der Bau der überaus grossen Propstei Wangen dem Zusammenwirken von Benediktinerabtei Trub und Haus Zähringen um das Jahr 1200. Die Abtei Trub löste sich kurz nach ihrer Gründung auf Antrag ihres Stifters, des Zähringer Grafen Thüring, von St. Blasien; es kam zu einer Güterausscheidung im Aaretal und die neue Abtei brauchte eine Filiale zur Verwaltungsaufsicht ihrer zehntenpflichtigen Güter und Ländereien. Der Aare-Übergang – eine Furt im Aareknie – und der dortige Schiffslandeplatz bildeten seit jeher einen regionalen Verkehrsknotenpunkt. Die Zähringer strebten aus ihren süddeutschen Stammlanden Richtung Südwesten in den burgundisch-westschweizerischen Raum, um ihre dortigen Erwerbungen und die Verkehrswege über die Alpen auszubauen und abzusichern. Dazu gründeten sie gezielt Klöster und Städte.
Um das Jahr 1200 wurde eine erste Klosteranlage mit Klosterkirche, Konvent- und Ökonomie-Gebäuden errichtet. Das Altarhaus (heute Chor) der Kirche gehört zum mittelalterlichen Bestand und wurde in romanischem Stil errichtet. Der Saal wurde 1824-26 unter der Leitung von Daniel Osterrieth vollständig erneuert und anstelle eines vormaligen Dachreiters ein Westturm errichtet. Von den einstigen Konvent- und Ökonomiegebäuden ist nur noch die Alte Mühle sichtbar. Sie liegt am dafür grossräumig umgeleiteten Oeschbach. Eine ausführliche archäologische Grabung unter und an der Süd- und Westseite der heutigen Kirche um 1982 förderte aufschlussreiche Zeugnisse zur Baugeschichte zutage.
Jede mittelalterliche Kirche war einem Heiligen oder Heilszeichen geweiht. Im Falle der Klosterkirche ist es umstritten, ob das Hauptpatrozinium der hl. Maria oder dem hl. Kreuz zuzuschreiben ist. Beide Bezeichnungen sind in den Quellen dokumentiert. Die Widmung als Kreuzkirche hätte die Filialkirche Wangen mit dem Mutterhaus in Trub gemeinsam. Von der Marienwidmung zeugt noch die Verkündigungsszene (Mariae Verkündigung) an der Südmauer des ehemaligen Altarhauses. Vielleicht war der Hauptaltar dem Hl. Kreuz geweiht, ein Nebenaltar der Muttergottes. Das Kreuzerhöhungsfest wird am 14. September gefeiert. Es erinnert an die Auffindung des «wahren Kreuzes Christi» durch die Mutter des Kaisers Konstantin, Helena, und wurde zuerst bei der Weihe der Grabeskirche in Jerusalem begangen. Die zugehörige Reliquie kam im 7. Jahrhundert nach Konstantinopel. Kreuzesweihe und Kreuzesverehrung wurden später sehr populär. Die «Verkündigung Mariens» geht zurück auf die im Lukas-Evangelium berichtete Szene zwischen dem Erzengel Gabriel und der jungen Maria, als ihr die Geburt eines Sohnes angekündigt wird. Das Patrozinium wird am 25. März gefeiert, 9 Monate vor Christi Geburt (Weihnachten).
Das mittelalterliche Gotteshaus bestand aus einem Chor für die Klosterleute und einem Kirchenschiff für die Laien. Es war in erster Linie Prioratskirche mit allen sich daraus ergebenden Rechtsverhältnissen und erst in zweiter Linie Pfarrkirche. Der Vorsteher (Propst) der benediktinischen Mönchsgemeinschaft (Priorat, Propstei) war zugleich auch Leutpriester der anwohnenden Bürgerschaft und Bauern. Der Bau ist geostet: Das Altarhaus zeigt nach Osten und damit in die Richtung, woher am jüngsten Tag der Herr erscheinen soll. Der Haupteingang liegt im Westen.
Im Lauf der Jahrhunderte wurden auf dem Kirchplatz von Wangen fünf Kirchen mit unterschiedlichem Grundriss errichtet, die den Bestand der ersten Anlage jeweils teilweise übernahmen.
Als erste Anlage konnte eine grosse Saalkirche mit kreuzförmigem Grundriss festgestellt werden: ein langgestrecktes Schiff mit Vorhalle, eingezogenem rechteckigen Altarhaus und querschiffähnlichen Seitenannexen. Eine Sakristei befand sich auf der Nordseite des Altarhauses. Die Chorschranke lag tief im Schiff. Dieser Grundriss entsprach demjenigen des Mutterklosters Trub, war aber deutlich grösser und gehört für schweizerische Verhältnisse damals zu den grösseren Kirchbauten. Damit unterscheidet sich die Wangener Anlage aber auch grundsätzlich von den im Mittelalter für grössere Kirchenbauten gebräuchlichen Schema der Basilika mit dreiteiligem Langhaus und Querschiff. Südlich der Kirche schlossen sich die Propsteigebäude von respektabler Ausdehnung an. Die spätromanische Anlage dürfte frühestens im ausgehenden 12. und spätestens in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet worden sein. Als Baumaterialien wurden Reste eines nahegelegenen römischen Hauses (villa) verwendet.
Die erste Kirche, die aus den archäologischen Grabungsbefunden erschlossen werden konnte, mass fast 40x24m und war damit für ein Städtchen wie Wangen ungewöhnlich gross – etwa ein Drittel grösser als der heutige Bau und grösser als das Mittelschiff des zwei Jahrhunderte später begonnenen Berner Münsters. Sie war in erster Linie Klosterkirche. Etwa die Hälfte des Raumes – vielleicht ursprünglich sogar den ganzen Raum – nahm die Chorzone ein, in der sich die Mönche zu den Offizien im Chorgestühl versammelten. Ihre Grösse und Nutzung weisen auf die Bedeutung hin, die der Gründung des Klosters zugemessen wurde.
Die Klosteranlage dürfte ein halbes Jahrhundert älter als die Gründung der ersten befestigten Stadtanlage sein. Genaue Datierungen sind bisher nicht möglich, aber man vermutet, dass das «Städtli» um 1250 durch die Kyburger errichtet worden ist, welche ihren Hauptsitz in Burgdorf am Eingang des Emmentals hatten und Erben des ausgestorbenen Zähringer Geschlechts waren. Mit der Gründung des Städtchens nahm auch der Bedarf nach Seelsorge zu. Es kommt zur Errichtung einer ersten Pfarrstelle, eines «Leutpriesters», der sich um die Sakramente und Sakramentalien (vor allem im Zusammenhang mit Taufen und dem Totengedächtnis) für die Laien kümmerte. Darauf deutet auch ein später südlich des Altarhauses errichteter Annexbau hin. Denn vermutlich handelt es sich dabei um eine Taufkapelle. Sie war ohne Betreten des Klausurbereichs zugänglich und ermöglichte so die Nutzung durch die Laien.
In den Guglerkriegen (1375/76; möglicherweise auch erst im Burgdorferkrieg 1383/84, den Bern mit Solothurn gegen die Grafen von Kyburg führte oder im Gefolge des Sempacherkriegs 1388/89) erlitt die Klosteranlage einen verheerenden Brand. Die Brandspuren finden sich noch deutlich in den archäologischen Zeugnissen. Beim anschliessenden Wiederaufbau der Kirche wurden die Querschiffe, der Südliche Annex und die Klostergebäude aufgegeben.
Die noch heute erhaltenen Fresken der Südwand des Altarraumes zeigen die Heilige Margaretha und Bischof Ulrich von Augsburg. Die Kyburger förderten auch andernorts Verehrung der Heiligen: Margaretha und Ulrich gehören zur Ahnenreihe der Kyburger. Dies verdeutlicht, dass die Stadtherren mit Graf Berchtold sich am Wiederaufbau der abgebrannten Kirche als schlichter Saalkirche des Ortes beteiligt hatten, den sie anstelle von Burgdorf als ihre Residenzstadt wählten. Die Jahre unter Kyburger Herrschaft waren für Stadt und Propstei von wirtschaftlichem Niedergang geprägt. 1406 mussten die Kyburger Wangen an die Stadt Bern verkaufen. Die kleiner gewordene Mönchsgemeinschaft – bald wohl nur noch Propst und Leutpriester – zog in den nordwestlichen Festungsturm des Städtchens. In der Kirche wurde der Bereich der Klausur zugunsten des Laienbereichs deutlich reduziert auf den eigentlichen Altarraum. Der Taufstein befindet sich neu im nordöstlichen Laienbereich, da die Taufkapelle im südöstlichen Annex nicht wiederaufgebaut worden war.
Als Bern 1528 die Reformation annahm, wurde der Konvent aufgehoben und der letzte Propst Hans Dietrich der erste evangelische Pfarrer. Der Kirchsprengel Wangen kam zusammen mit dem ehemaligen Landdekanat Wynau und dem Bipper Amt in das neu geschaffene Landkapitel Thunstetten (ab 1538 Landkapitel Langenthal genannt).
Mit dem Wegfall des Chorgebets der Mönchsgemeinschaft in der Reformation wurde der Altarraum frei für die Nutzung durch die Gemeinde. In den ersten hundert Jahren nach der Reformation scheint die grosse Saalkirche trotz der neuen Nutzung als Predigtort und des Wegfalls des Chorgebets wenig verändert worden zu sein. Da die säkularisierte Stiftskirche dem Stand Bern gehörte, musste dieser für die hohen Unterhaltskosten des grossen Bauwerkes aufkommen. Die Quellen berichten immer von Auseinandersetzungen mit der Gemeinde und endeten wohl in einem Umbau in den Jahren 1627-1630: der grosse Kirchensaal wurde auf ein Drittel verkürzt und das Schiff bis fast an den Altarraum mit einer Empore verstellt, der gut erhaltene Altarraum aber beibehalten. Der einst stolze Kirchenbau war auf ein kleines Kirchlein mit querrechteckigem Schiff verkleinert.
Um 1660 wurde der steinerne Abendmahlstisch zum Gedenken der darunter bestatteten Margaretha Huber, Gattin des Landvogts Samuel Jenner, errichtet. Er dürfte einen hölzernen Tisch aus dem Jahre 1573/1574 ersetzt haben. Im Jahre 1667 wurde über dem Grab der Anna Katharina Wild, Gattin des Landvogts Samuel Bondeli, im hinteren Teil des Chores der Taufstein errichtet. Beide Werke schuf der bekannte Berner Werkmeister Abraham Dünz.
Erst nach dem Ende des Ancien Régime gelang es der örtlichen Gemeinde, den Kanton Bern zu einer Erneuerung der zu klein und baufällig gewordenen Kirche zu bringen. Der Saal wurde 1824-1826 unter der Leitung von Johann Daniel Osterrieth im Stile des Klassizismus (Biedermeier) vollständig erneuert und auf den alten Fundamenten der ersten drei Kirchenbauten wieder auf das Doppelte vergrössert, sodass die heutige Kirche etwa zu zwei Dritteln der ursprünglichen Anlage entspricht. Anstelle des vormaligen Dachreiters auf dem Altarraum wurde ein Westturm errichtet. Deren vier Glocken stammen von 1843 aus der Glockengiesserei Rüetschi bei Aarau und sind auf f, a, c und f’ gestimmt. Die prächtige Biedermeier-Kanzel aus Nussbaum steht erst seit der Renovation um 1932 am heutigen Ort an der Südwand des Altarhauses neben dem Fresko der Verkündigungsszene. Die 1982 von der Orgelbaufirma Mathis und Söhne aus Näfels Glarus erbaute Orgel mit 25 Registern nimmt mit seinem Prospekt und Rückpositiv in klassizistischer Form und Nussbaumausführung Bezug auf die Kanzel und gibt sich so auch dem Auge als Teil der Verkündigung zu erkennen. Anlässlich der Renovationsarbeiten 1980/1981 wurde die Holzbalkendecke aus den Dreissiger Jahren entfernt und durch eine gekehlte Gipsdecke ersetzt. Entfernt wurde ebenso das Brusttäfer an den Schiffswänden, und der Fussboden wurde anstelle der Klinkerplatten durch quadratische Tonplatten belegt. Sie geben dem Innenraum das freundliche helle Gepräge.
Mittelalterlichem Glauben entsprechend war eine Bestattung in der Nähe des Altars mit einer besonderen Wirkung für die Auferweckung der Toten am Jüngsten Tage verbunden und deshalb sehr gesucht. Das führte einerseits zu Friedhofanlagen um die Kirchenmauern herum, sogenannte Aussenbestattungen. Und besonders privilegierte Zeitgenossen verschafften sich ein Grab innerhalb der Kirchenmauern, die sogenannten Innenbestattungen. Durch den Rückbau der Kirche im 17. Jahrhundert kam ein Teil der Innenbestattungen aus früheren Jahrhunderten in den Aussenbereich der Kirche zu liegen und wurde durch neue Grablegungen beschädigt. Die Vergrösserung der Kirche im frühen 19. Jahrhundert brachte diese neueren Aussengräber und die vormaligen Innenbestattungen wieder unter den Kirchenboden. Während der archäologischen Grabungen 1980/1981 konnten 56 Innenbestattungen festgestellt werden. Für die Frömmigkeitsgeschichte von besonderem Interesse sind Kindergräber aus dem 19. Jahrhundert innerhalb der renovierten Kirche. Zu diesem Zeitpunkt galt in der Berner Kirche die Bestattung in Kirchen längst als Aberglaube und war gemäss Kirchenrecht verboten. Die Gräber dürften deshalb ohne Wissen des Pfarrers heimlich in der Kirche angelegt worden sein. Wahrscheinlich brachten Eltern ihre früh verstorbenen und noch nicht getauften Kinder in diese Gräber, um ihnen auch ohne Taufgnade ein ewiges Leben zu verschaffen.
Bei den Aussenbestattungen erregen ebenfalls die mittelalterlichen «Traufbestattungen» an der Südmauer besondere Rührung. Auch hier wurden ungetaufte Kinder bestattet, die nach der Lehre der Kirche im Limbus in einer Art ewigen Sumpfes und Nebels zu existieren hätten. Ihnen sollte das vom Kirchendach heruntertropfende Regenwasser die Taufgnade buchstäblich tropfenweise nachgereicht werden, in der Hoffnung, dass sie doch noch den Himmel erlangten.
Vor dem Westturm befindet sich das Bourbakigrab. Im Winter 1871 – im zu Ende gehenden Deutsch-Französischen Krieg – überschritten innert drei Tagen über 87‘000 Soldaten der französischen Ost-Armee (Bourbaki-Armee) bei Les Verrières, St. Croix, Vallorbe und Ballaigues die Schweizer Grenze. Die Soldaten waren miserabel ausgerüstet, physisch und moralisch in einem desolaten Zustand. Als nicht Krieg führendes neutrales Land konnte die Schweiz die Bourbaki-Armee bis zum Ende des Konflikts internieren. Nach der Entwaffnung wurden die Soldaten durch die Zivilbevölkerung verpflegt und medizinisch versorgt und in 188 Schweizer Gemeinden untergebracht. Kulturelle Grenzen wurden aufgebrochen, die Angst vor den Unbekannten wich Solidarität, Neugier und Gastfreundschaft. Am Ende des Krieges waren aus den Fremden, den «ungebetenen Gästen», vielerorts Freunde geworden. Zehn der 553 in Wangen internierte Soldaten verstarben und wurden hier beigesetzt. Dem Gedenken dieses humanitären Ernstfalls in der jüngeren Schweizer Geschichte widmet sich das Bourbakipanorama Luzern.
Das Soldatendenkmal von 1919 vor dem Vorplatz der Kirche erinnert an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.
Robert Studer: Wangen und das Bipper Amt; Verlag Haupt, Bern 1958, Berner Heimatbücher Nr. 73, 64 S., ill.
Peter Eggenberger: Wangen an der Aare, reformierte Pfarrkirche, ehemaliges Benediktinerpriorat: Ergebnisse der Bauforschungen von 1980/81, Peter Eggenberger, Monique Rast Cotting, Susi Ulrich-Bochsler, Archäologischer Dienst des Kantons Bern (Hrsg.), Bern 1991; 115 S., ill.
Simon Kuert: Kirchen im Oberaargau, Texte: Simon Kuert, Zeichnungen: Peter Graber; Ökonomisch Gemeinnütziger Verein des Oberaargaus (Hrsg.), Herzogenbuchsee o.J. (2001); 164 S., ill.
Ursula Schneeberger, Richard Buser, Irène Bruneau und Maria D’Alessandro: Der ehemalige Amtsbezirk Wangen; Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern 2018, in der Reihe: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern Land, Band V; Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 136; darin über Wangen an der Aare S. 192-277, Dörfer der Kirchgemeinde Wangen: Walliswil, Wangenried S. 278-287, ill.
Die Kirchenbücher und Chorgerichtsmanuale verzeichnen alle Taufen, Ehe-Einsegnungen und Beisetzungen. Sie sind im Staatsarchiv des Kantons Bern auch online einsehbar.
Die Liste der Pröpste und Pfarrer seit 1257 umfasst 62 Personen (ohne die amtierenden):
Cherro, 1257
Antonius, 1258
Ulrich, 1275
Conrad von Deitingen, 1326
Johann Eggarp, 1342
Heinrich von Simisheim, 1346
Heinrich von Messen, 1350
Burkard Mettler, 1366/67
Aymo von Mörigen, 1389–1418
Conrad Brandöst, 1418–1435
Rudolf Messer, 1449–1458; Abt von Trub
Hans Willisauer, 1461
Johannes Schürpf, 1461–1492
Rudolf Wasser, 1474
Anthoni von Buch, 1494
Johann Dietrich, 1495–1496/98, 1518–1534 (ab 1528 Pfarrer)
Benedict Tavernier, 1496/98–1504
Ulrich Mor
Hans Hächler
Georg Stäheli, 1542 (trat sein Amt nicht an)
Heinrich Kraft, 1542
Joachim Gachlinger, 1544
Beat Wilhelm Schmid, 1546
Johann Bossard
Christoph Trägenmacher, 1555
Markus Custor, 1565
Bendicht Taffenier, 1566
Hans Offner, 1571
Jakob Gelthuser, 1573
Hans Bullinger, 1578
Mathias Zimmerli, 1583
Hans Ulrich Bäggli, 1587
Jakob Brönner, 1591
Jakob Brunner, 1593
Sebastian Müller, 1597
Beat Krieg, 1611 (trat sein Amt nicht an)
Urs Wirz, 1611
Jacob Anton Vulpius, 1623
Conrad Stanz, 1626
Jakob Stephani, 1631
Hans Räber, 1631
Johann Bischoff, 1639
Johann Jakob Vogel, 1650
Johann Georg Lutz, 1664
Anton Herport (1646–1688), 1672
Johann König, 1687
Johann Rudolf Nöthiger, 1704
Rudolf Spengler, 1726
Samuel Wyss, 1746
Johann Schorr, 1756
Johann Ulrich Ganting (1733–1808), 1765–1780
Rudolf Roseng, 1780–1789
Gabriel Rohr, 1789–1802
Karl Ludwig Dachs, 1802
Johann Walther, 1844
Otto Paul Flückiger (1890–1966), 1920–1956
Wilfried Amstutz
Fritz Heinz Tschanz, 1977–1986
Georg Wyssenbach, 1986–2004
Andrea Fabretti, 2005–2010
Bernard Kaufmann, Pfarrverweser 2010–2011
Evelyne Zwirtes-Kehrli, 2011–2018
Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde ist eine der 217 Kirchgemeinden des Synodalverbands Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn. Dieser besteht aus den beiden Landeskirchen der Kantone Bern und Jura sowie dem halbautonomen Kirchenbezirk Solothurn. Die Landeskirche bzw. der Synodalverband regelt die theologischen Grundlagen und das staatskirchenrechtliche Kleid seiner Kirchgemeinden.
Wangen gehört zum kirchlichen Bezirk Oberaargau. Der kirchliche Bezirk koordiniert viele gemeindeübergreifende Angebote in Seelsorge und Katechese.
Unsere Nachbargemeinden sind Oberbipp mit den Dörfern Wiedlisbach und Attiswil sowie Niederbipp mit dem Weiler Walliswil bei Bipp. Mit diesen evangelisch-reformierten Kirchgemeinden wollen wir besonders “gemeinsam Kirche an der Aare sein”, feiern wir regionale Gottesdienste und kümmern uns gemeinsam um die Betreuung der Alters- und Pflegeheime Jurablick und Dahlia Wiedlisbach und Niederbipp.
Unsere geschichtlichen Wurzeln reichen in die Zeit der Gründung des Benediktinerpriorats Wangen. Die Gründung steht im Zusammenhang mit einer Reformbewegung aus dem Schwarzwald.
Unsere Schwesterkirchen am Ort sind die römisch-katholische Kirchgemeinde Wangen an der Aare mit der Pfarrkirche St. Christophorus sowie die christkatholische Kirche mit ihren Kirchgemeinden in Bern und Solothurn. Wir feiern ökumenische Gottesdienste zum Bundesfeiertag (“Erster August”) und zum Totengedächtnis am Ewigkeitssonntag und arbeiten in der Familienpastoral teilweise zusammen.
In der Allianz Jurasüdfuss arbeiten die Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden Niederbipp, Oensingen, Egerkingen und Thal, die Evangelisch Freikirchliche Gemeinde Wiedlisbach (efg), das Evangelische Gemeinschaftswerk Wangen (EGW) und die Freie Christengemeinde Oensingen (fcg, Pfingstmission) zusammen. Höhepunkt bildet jeweils der Gottesdienst zur Eröffnung der Allianz-Gebetswoche in der zweiten Januarwoche.