Wenn wir über diese Worte nachdenken, beginnen wir, die Tiefe dieses Ereignis und seine Beziehung zu uns zu schätzen …
Eine Predigt von Fr. Alexander Schmemann zur Darstellung des Herrn im Tempel – nur zwei Wochen vor seinem eigenen Tod geschrieben:
′′ Vierzig Tage nach Weihnachten feiern Kirchengemeinden der orthodoxen Kirche die „Darstellung des Herrn“. Da es normalerweise auf einen Wochentag fällt, ist dieses Fest halb vergessen; dennoch ist es der Zeitpunkt, an dem die Kirche die Weihnachtszeit als erfüllt feiert und die umfassende Bedeutung von Weihnachten im Strom der reinen und tiefsinnigen Freude enthüllt und rekapituliert. Das Fest bezieht sich auf ein Ereignis, das im Evangelium nach Lukas erinnert wird. Vierzig Tage nach der Geburt Jesu Christi in Bethlehem bringen Josef und Maria, die sich damit an die religiöse Praxis dieser Zeit halten, das Kind nach Jerusalem, um es dem HERRN zu präsentieren, wie es im Gesetz des HERRN geschrieben steht (Lk 2,22-23).
Das Evangelium fährt fort: Nun gab es einen Mann in Jerusalem, der Simeon hiess, und dieser Mann war gerecht und fromm und der Heilige Geist lag auf ihm. Und es war ihm vom Heiligen Geist offenbart worden, dass er den Tod nicht sehen sollte, bevor er den Christus Gottes gesehen hatte. Und vom Geist inspiriert, kam er in den Tempel; und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um gemäss dem Brauch des Gesetzes für ihn zu verfahren, nahm er es auf seine Armen und segnete Gott und sprach: Herr, jetzt geht Dein Knecht in Frieden, nach deinem Wort; denn meine Augen haben deine Errettung gesehen, die du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht zur Offenbarung für die Heiden und zur Ehre für dein Volk Israel.” Und sein Vater und seine Mutter staunten über das, was er über das Kind sagte; und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: „Siehe, dieses Kind ist gesetzt für den Fall und den Aufstieg vieler in Israel, und als ein Zeichen, dem widersprochen wird (und ein Schwert wird auch deine eigene Seele durchbohren), damit die Gedanken aus vielen Herzen offenbart werden” (Lk 2,26-35).
Wie stark und schön das Bild, wie der alte Mann das Kind in seinen Armen hält, und wie seltsam sind seine Worte: ′′Denn meine Augen haben deine Rettung gesehen …” Mit dem Meditieren dieses Wortes erfassen wir die Tiefe des Ereignisses und seine Beziehung zu uns, zu mir, für unseren Glauben. Ist etwas auf der Welt freudiger als eine Begegnung, ein Zusammentreffen mit jemandem, den du liebst? Wahrhaftig, zu leben bedeutet zu warten, sich auf die Begegnung zu freuen. Ist Simeons transzendente und schöne Erwartung nicht ein Symbol dafür? Ist sein langes Leben nicht Symbol der Erwartung, dieser ältere Mann, der sein ganzes langes Leben damit verbringt, auf das Licht zu warten, das alles erleuchten wird, und auf die Freude, die alles erfüllt? Und wie unerwartet, wie unaussprechlich gut, dass das lang ersehnte Licht und die lang ersehnte Freude durch ein Kind zum bejahrten Simeon kommt! Stell dir die zitternden Hände des alten Mannes vor, während er das vierzig Tage alte Kleinkind so zart und vorsichtig in die Arme nimmt, seine Augen blicken auf das winzige Wesen und füllen sich mit einem einzigen Ausdruck des Lobes: ′′Nun lässest du mich in Frieden dahingehen, denn ich habe gesehen, ich habe in meinen Armen gehalten, ich habe herzlich umarmt den Sinn des Lebens.” Simeon wartete. Er wartete sein ganzes langes Leben, und das bedeutet, dass er überlegte, er betete, er vertiefte sich, während er wartete, sodass am Ende sein ganzes Leben ein ununterbrochener ′′Vorabend ′′ eines freudigen Treffens war.
Ist es nicht an der Zeit, dass wir uns fragen: worauf warte ich noch? Woran erinnert mich mein Herz immer mehr und mehr? Wird mein Leben allmählich in Erwartung verwandelt, da ich mich darauf freue, dem Wesentlichen zu begegnen? Das sind die Fragen, die das Zusammentreffen stellt. Hier wird in diesem Fest das menschliche Leben als die überbietende Schönheit einer reifenden Seele offenbart, immer mehr befreit, vertieft und gereinigt von allem, was kleinkariert, bedeutungslos und nebensächlich ist. Sogar das Altern und Untergehen, das irdische Schicksal, das wir alle teilen, wird hier so einfach und überzeugend gezeigt, wie es Wachstum und Aufstieg zu diesem einen Moment wird, in dem ich von ganzem Herzen, in der Fülle der Dankbarkeit sage: „Lass mich jetzt gehen.” Ich habe das Licht gesehen, das die Welt durchdringt. Ich habe das Kind gesehen, das der Welt so viel göttliche Liebe bringt und das sich mir gibt. Nichts wird gefürchtet, nichts ist unbekannt, alles ist jetzt Frieden, Dankbarkeit und Liebe. Das bringt die Begegnung mit dem Herrn. Sie feiert die Seelenbegegnung mit Liebe, demjenigen zu begegnen, der mir das Leben gegeben hat und mir Kraft gab, es in Erwartung zu verklären.”
Quelle: ′′ Feier des Glaubens – Predigten, Vol. 2: Das Kirchenjahr ′′ von Fr. Alexander Schmemann (Übersetzung: Roland Diethelm)